Nichtsdestotrotz…

Irgendwie passt dieser Titel nicht zu dem Text, den ich vorhabe oder besser vorhatte zu schreiben, aber obwohl ich nicht so lebendig schreiben kann wie miss.understood, so gut durchdachte Interviews drauf habe wie Johnny Häusler (eigentlich habe ich noch nie jemanden interviewt) oder so vorausschauend die Zukunft mit einem Schuss Sarkasmus, wenn nicht sogar Zynismus vorhersagen kann wie Malte Wedding, habe ich doch immer noch Freude am Schreiben.
Und genauso einen Tag hatte ich letztens wieder:
Wenn mich Freunde und/oder Bekannte fragen, was man unbedingt von Hamburg gesehen haben muss, dann erwarten sie von einem oftmals die sogenannten „Geheimtipps“. Also sowas wie, dass man statt der Hafenrundfahrt lieber eine Alsterfleetfahrt machen sollte, da man dort viel mehr erlebt. Oder dass der Hamburg Dungeon zwar ein tolles Erlebnis ist, aber der Dialog im Dunkeln viel spannender sein kann.
Doch was mich eigentlich wirklich an Hamburg fasziniert sind nicht irgendwelche Sehenswürdigkeiten, wie das Rathaus, die Reeperbahn, die diversen Musicals et cetera, sondern die Menschen, die mit dieser Stadt zu tun haben.
Und dafür muss ich noch nicht einmal sie gesprochen haben, geschweige denn kennen. Ich muss nur einmal am Hauptbahnhof entlangschlendern. Nicht so hektisch wie die ganzen Reisenden, die Angst haben ihren Zug zu verpassen. Ein gemütlicher Gang durch die Wandelhalle von der Spitalerstraße aus, danach ein Linksschwenk Richtung Museum für Kunst und Gewerbe reicht vollkommen aus um einen riesigen Berg an Eindrücken zu erhalten. Es laufen einem soviele Gesichter über den Weg und jedes einzelne scheint dir seine Geschichte zu erzählen:
Du siehst einen Menschen, der sich gestresst aussehend, behende durch die Menschenmenge drängelt, dir entgegenkommen und kannst in seinem Gesicht förmlich lesen, dass er sich auf seinen Feierabend freut und nur schnell durch dieses notwendige Übel muss. Und du musst schmunzeln, weil es dir inzwischen häufiger nicht anders ergeht und du endlich zu Hause ankommen willst um all das hinter dir zu lassen.
Du siehst ein kleines Kind, dass fröhlich ist und von seiner liebevollen Mutter mit dem Kinderwagen durch das Getümmel geschoben wird. Und Du muss unweigerlich mitlächeln, weil Du merkst, dass es die einfachen Dinge sind, die einen erfreuen.
Du triffst auf einen Touristen, der nicht weiß, wie er zum Rathaus kommt und Du erklärst ihm mit Händen und Füßen (er spricht weder deutsch, englisch, französisch oder vietnamesisch), wie er dahin kommt.
Du triffst unverhofft auf einen alten Bekannten, den Du schon Jahre nicht mehr gesehen hast. Unterhältst Dich minutenlang mit ihm und merkst, dass Hamburg trotz seiner Größe in dieser Hinsicht doch ein Dorf ist, denn immer trifft man jemanden, den man kennt.
Aber Du siehst auch diejenigen, die vom Leben gezeichnet sind. Seien es nun einige Bettler, Punks, Junkies. Du siehst in ihr Gesicht und es spricht Bände über das, was sie erlebt haben.

Natürlich kann man all das auch in anderen Städten oder selbst in anderen Orten in Hamburg treffen, aber nirgends findet man es so konzentriert vor. Und keines dieser vielen Gesichter möchte man missen.
Und in diesem Sinne gebe ich Lotto King Karl recht, auch wenn er nicht so mein Fall ist was die Musik angeht:
Hamburg, meine Perle. Du wunderschöne Stadt.


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